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Die Freiheiten und Verpflichtungen einer "offenen Klasse"


Guest Jo_S

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Immer mal wieder kommt das Thema auf, was die "offene Klasse" eigentlich bedeutet. Vor allem dann, wenn Regeln aufgestellt oder ergänzt werden (müssen). Was bedeutet "offen" - und wie "offen" ist die 152VO wirklich?

 

Wenn wir uns die Regeln anschauen, die bisher vereinbart und aufgestellt wurden, stellt man fest: wir haben ungleich größere Freiheiten als alle anderen Rennklassen zusammen. In der 152VO ist es problemlos möglich, ein 45cm-Dreipunkter-Hydro mit 40Mhz-Anlage, BL-Motor, LiPo-Akkus und Echtholzfinish gegen ein 65cm-Flatbottom mit 2,4 Ghz-Anlage, Bürstenmotor, NiMh-Akkus und lackiertem Rumpf mit Stoffbespannung gegeneinander antreten zu lassen. Zwei völlig unterschiedliche Boote - das ist einmalig. Buntes Feld, maximale Freiheit. Warum ist das möglich? Weil wir Spass haben wollen... und weil diese Art von Freiheit keinerlei negative Auswirkungen an irgend einer anderen Stelle hat.

 

Schauen wir uns andere Klassen an: Motoren, Akkus, Bootsform, Materialien, Details... praktisch alles ist strikt vorgegeben. Nehmen wir mal eine ziemlich "untechnische" Klasse wie die IOM: da gibt es sehr unterschiedliche Boote und viele Möglichkeiten für idividuelle Lösungen. Aber wenn der Rumpf 1cm zu lang ist oder für den Mast z.B. CFK gewählt wird, weil es so schön leicht ist... dann fliegt man raus. Besser gesagt: man bleibt von Anfang an draussen und darf alleine fahren.

 

Das wollen wir in dieser Form nicht - und davon sind wir auch Lichtjahre entfernt. Das bedeutet jedoch nicht: alles ist nach Lust und Laune uneingeschränkt erlaubt! Nehmen wir z.B. ein Szenario, bei dem es keine klaren, verbindlichen Sicherheits-Bauregeln und keine klaren Rennregeln und Wegerechtsregeln gibt, um Chaos und Unfälle zu vermeiden: dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein neuer 152VO'ler sein neues, 4600kV-motorisiertes 3S-Boot stolz beim Rennen präsentiert... und als Anfänger aufgrund mangelnder Fahrfertigkeit und mangelnden Wissens in der ersten Runde mit Vollgas quer durch zwei andere Modelle schiesst, um schliesslich am Ufer mit brennendem Regler im Unterschenkel eines Zaungastes stecken zu bleiben. Übertrieben? Nein, nur eine Frage der Zeit bzw. der Menge "regellos" gebauter Modelle. Und spätestens dann wird aus dem großen Spass der ganz große Frust.

 

Nochmal: ich habe eine große innere Ablehnung gegen Regelwerke, Vorschriften, Verbote. Sonst hätte ich diese Klasse erst garnicht in dieser offenen Form ins Leben gerufen. ABER: wir müssen bei jeder Überlegung immer den Maßstab ansetzen: was ist spassig und was kann gefährlich werden? Denn die Erfahrung zeigt ganz eindeutig: wenn etwas gefährlich werden kann, wird es irgendwann gefährlich. Es ist nur eine Frage der Zeit. (nichts anderes sagt Murphy's oftmals fehlzitiertes Naturgesetz).

 

Als Beispiel: wir wissen verbindlich, dass Goldkontakte deutlich weniger oxydieren als alle anderen Kontaktmaterialien. Ein oxydierter Kontakt kann zu einem unkontrollierbaren Boot führen (das ist schon oft genug geschehen). Dieses Risiko können wir problemlos im Vorfeld ausschliessen, indem wir Goldies fest vorschreiben... ohne dass irgend ein Nachteil daraus resultiert! Denn Goldies sind weder teurer noch schwerer erhältlich noch schlechter zu löten (im Gegenteil!) als andere Stecker. Sollen wir auf diesen potenziellen Sicherheitsaspekt freiwillig und grundlos verzichten, nur um einen Zusatzpunkt in den Klassenregeln zu vermeiden? Regeln sind nicht immer stumpfe Bürokratie, sondern oftmals die Voraussetzung für ungetrübten Spass.

 

Ich sehe das Ganze generell so: Spass ist toll, Sicherheit (sowohl in der Bauausführung als auch beim Rennen) hat aber immer Vorrang. Nur so kann der Spass auf Dauer lustig bleiben.

 

Völlig klar: wir werden noch viele neue Regeln brauchen, gerade bei den Rennregeln ist noch garnichts klar. Und gerade dort wird jeder Sicherheitsmangel igendwann zum Problem. Im Einzelfall bedeutet das: jeder muss gewisse Abstriche machen, weil bestimmte Lösungen in seinem ganz individuellen Fall vielleicht nicht ganz so gut passen. Die optimale Lösung ist immer ein Kompromiss als Mehrheitsentscheidung. Und das Team, die Teamentscheidung und die Teamsicherheit ist wichtiger als das individuelle Modell. Garagengroove: ja, Freiheit ohne negative Nebenwirkungen: ja, maximaler Spass: ja, Einzelkämpfer und unsichere Individuallösungen: nein! Auch, wenn dann eine Entscheidung im Einzelfall weh tun mag: das können wir ganz gelassen wegstecken, weil es nicht lohnt, dadurch den Gesamtspass zu gefährden. Und der steht und fällt zuallererst mit der Sicherheit. Darum Regeln - auch in einer ansonsten beispiellos offenen Klasse.

 

Ein letztes Beispiel: die Diskussion um die Startnummernvergabe. Viele Leute haben sich spontan für "Wunschnummer" entschieden und ein paar nach einiger Überlegung wieder dagegen. Wir haben nun eine Lösung (und behalten die natürlich auch bei, keine Frage!), aber sie hat einen ganz wesentlichen Nachteil: es können nun keine Nummern auf Vorrat geplottet und sofort herausgeschickt werden, wie es bei einer chronologischen Vergabe möglich gewesen wäre. Das hat unmittelbar zur Folge, dass die Vergabe wesentlich komplizierter und langfristiger geworden ist. Rückwirkend betrachtet keine wirklich optimale Lösung. Aber eine solche suboptimale Lösung kann ich problemlos akzeptieren, weil sie keinerlei Nachteile in Bezug auf die Sicherheit mit sich bringt.

 

Wenn wir weitere Spezifikationen der Klasse diskutieren, bitte ich euch, das Ganze unter diesen Aspekten zu betrachten. Ein Forum verleitet immer gerne dazu, schnell mal ein spontanes "Das finde ich blöd!" rauszuhauen, ohne sich die Zeit zu nehmen, das Ganze vorher gründlich aus der Allgemeinperspektive zu durchdenken. Ich antworte in solchen "neuralgischen" Fällen (die mir spontan nicht gefallen oder nicht auf mein Boot passen) erst einen Tag später, um mal in Ruhe drüber zu schlafen. Ich glaube, dann kommt man schneller zu einfachen / überzeugenden Lösungen, weil nicht mehr die eigene Betroffenheit im Vordergrund steht, sondern die sinnvolle Lösung für's ganze Team.

 

So, jetzt ihr - Feedback ausdrücklich erwünscht!

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Guest VollNormal

Meine Meinung kurz zusammengefasst:

So wenig Regeln wie möglich, so viele wie nötig.

 

Das kann dann z.B. so aussehen:

"Es ist ein Not-Aus-Schalter vorzusehen. Dieser muss den Akku vollständig vom Bordnetz trennen. Bei Brushless-Antrieben kann, wenn es sonst Probleme mit den erforderlichen Kabellängen gäbe, ersatzweise der Empfängerstrom getrennt werden. [Ausführungen zu Hold/Failsafe ergänzen].

Der Not-Aus-Schalter wird steuerbordseitig im Dashboard zwischen Steering-Wheel und Coaming platziert [deutsche Übersetzungen ergänzen]. Der Schalter wird durch Zug nach schräg rechts oben hinten [das könnte man vielleicht eleganter formulieren ...] bedient und muss mit zwei Fingern greifbar sein. Der Schalter muss eindeutig erkennbar sein, es darf keine Verwechslungsgefahr mit anderen Ausrüstungsgegenständen geben. Ein versehentliches Wiedereinschalten des Stroms muss technisch wirksam ausgeschlossen sein."

 

Hier dürfen dann gerne als Hilfestellung Beispiele gegeben werden, wie sich so ein Schalter regelkonform umsetzen läßt. Die konkrete technische Umsetzung würde ich aber nicht vorschreiben.

 

Oder so:

"Steckverbindungen sind grundsätzlich mit vergoldeten Kontakten auszuführen. Für den Fahrstrom sind Leitungen mit mindestens 2,5 mm² Querschnitt und Stecker mit mindestens 4 mm Durchmesser zu verwenden"

 

Das sollte doch eigentlich ausreichen.

Wobei - was ist mit den Servo-Steckern?

Und muss man noch was zu Crimpen vs. Löten vorschreiben?

Gibt's 'nen Tüff, der die Lötstellen kontrolliert?

Genaues Abgrenzen ist schwierig, im Zweifel wird jeder einzelne Punkt der Regeln diskutiert werden müssen.

 

 

wir müssen bei jeder Überlegung immer den Maßstab ansetzen: was ist spassig und was kann gefährlich werden?

Deshalb bin ich auch uneingeschränkt für einen Not-Aus. Und so spaßig es sein kann, sich dafür eine tolle, kreative, individuelle Lösung auszudenken, so gefährlich kann das auch sein, wenn diese Lösung dann in der Aufregung buchstäblich nicht greifbar ist.

 

Ein Forum verleitet immer gerne dazu, schnell mal ein spontanes "Das finde ich blöd!" rauszuhauen, ohne sich die Zeit zu nehmen, das Ganze vorher gründlich aus der Allgemeinperspektive zu durchdenken.

Was aber nicht immer schlecht sein muss. Gerade die spontanen Reaktionen bieten doch oftmals gute Anregungen und zeigen, wo der Einzelne Schwierigkeiten mit einem Vorschlag hat. Und das hilft der Allgemeinheit, auch diesen Einwand einmal gründlich aus der Allgemeinperspektive zu durchdenken. Allerdings sollen Einwände immer begründet sein (Vorschläge auch ...).

 

nur um einen Zusatzpunkt in den Klassenregeln zu vermeiden?

Die Anzahl der Punkte in den Regeln ist mir gar nicht wichtig. Wichtig ist mir, dass sich die Vorschriften auf das beschränken, was wirklich erforderlich ist. Jede Regel sollte also immer auf ein Ziel abstellen und den Weg, dieses Ziel zu erreichen, so weit wie möglich offen lassen.

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Andreas, was du oben geschrieben hast, kann ich 100%ig abnicken. Besonders gut fand ich den expliziten Hinweis, die Einzellösungen hinsichlich des (gemeinsamen Klassen-) Ziels zu betrachten.

 

Was aber nicht immer schlecht sein muss. Gerade die spontanen Reaktionen bieten doch oftmals gute Anregungen und zeigen, wo der Einzelne Schwierigkeiten mit einem Vorschlag hat.

 

Um Mißverständnisse zu vermeiden: das sehe ich genauso! Darum frage ich auch regelmässig gezielt nach, ob ein Vorschlag im Einzelfall zu Problemen führt.

Ich meinte mit "spontanen Reaktionen" noch etwas anderes: das pauschale Ablehnen eines Vorschlags, der allgemein betrachtet eine ideale Lösung sein könnte, bei mir selber (im Einzelfall) aber zu gewissem Zusatzaufwand führt. Oder optisch nicht so schön ist, etc.pp. An so einer Stelle bin ich dafür, selber bewusst einen Schritt zurück zu treten und meinen Einzelfall unterzuordnen - es sei denn, dass ich einen besseren, allgemeingültigen Vorschlag machen kann.

 

Danke für die Rückmeldung - ich finde so einen Querabgleich sehr hilfreich. Und ich glaube, dass eine Klasse immer so gut ist, wie ihr "Ehrenkodex". Also die gegenseitige Rücksichtnahme untereinander. (In dieser Hinsicht haben uns die 50er Cottage Racer ja eine ziemlich gute Vorlage geliefert - die wollten auch nur Spass, aber der Teamgedanke stand immer darüber! :D)

Edited by Jo_S
Zitat repariert
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Guest VollNormal

Pauschales Ablehnen lehne ich auch ab (pauschal ... :mrgreen: ).

 

Trotzdem sollten Bedenken geäußert werden. Vielleicht ergibt sich ja eine Lösung, die alle zufrieden stellt und unter Umständen sogar besser ist. Auch das bloße "sieht doof aus" halte ich als Bedenk (oder was ist die Einzahl von Bedenken?) für gerechtfertigt. Hier muss dann eben abgewogen werden, ob die technischen Gründe ausreichend sind, eine Störung der Ästhetik hinzunehmen. Schließlich war die Ästhetik ein wesentlicher Grund, warum ich mir mein Boot ausgesucht habe. Sonst könnte ich ja auch eine häßliche F1-Flunder fahren ...

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Auch da: 100% Zustimmung.

 

Ich glaube, die optischen Aspekte sehen wir alle sehr ähnlich. Einer der wesentlichen Gründe, warum die 152VO zustande kam (das Thema "Ästhetik" ist bei mir ja eh berufskrankheitsbedingt).

Das zeigt sich auch wieder beim Not-Aus, der in dem Augenblick allgemeine Akzeptanz fand, als er relativ unauffällig nach innen verlegt wurde. Oder bei den geplotteten Startnummern... angeklemmte Tafeln á la "normale Rennklasse" hätten hier wohl kaum Gefallen gefunden. :D

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Zwiebelfisch

Alles OK so!

Dafür bauen wir ja die Klasse gerade auf und stecken ab, was "lebenswichtig" ist und geregelt werden muss (z.B. Not-Aus / Panic switch).

Demgegenüber was frei wählbar ist - z.B. Antrieb (BL oder Bürste).

Man muss nur Raum für Anpassungen lassen - denn dadurch das wir so viele verschiedene Modelle bauen kann man nicht auf den mm festlegen wo was hinzubauen ist. Aber auch das zeichnet sich ja bereits ab. (siehe Diskussion Not-Aus)

Ich denke wir sind auf dem richtigen Weg.

 

Kai

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