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Bauzeit? Pi*Daumen


milestone

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Für die üblichen Arbeiten mit Holz setze ich auch auf Weißleim, je nach Anwendungsgebiet (Outdoor, Küche, Bad etc) auch mal wasserfesten Leim.

Mit speziellen Leimen wie ich sie oben genannt habe, kam ich, ohne Chemiestudium zwangsläufig durch die Arbeit mit historischen Möbeln in Kontakt. Da musste ich mich damit beschäftigen, weil die Verbindungen authentisch und vergleichbar sein müssen. 
 

Apropos authentisch. Im Zuge der Postings bezüglich der 3300 Stunden gab mir das Vorhaben Detailarbeiten zu machen zu denken. Dabei kann ich der Idee, ein Modell realistisch zu gestalten einiges abgewinnen. Nur was bedeutet das? Was ist realistisch?, denn so ein Schiff sah als Neubau sicher anders aus als nach Jahren im Einsatz. Um zu ergründen wie ein Holz gealtert aussieht muss man wissen, um welche Holzart es sich handelt und in welcher Umgebung es eingesetzt wird. Letzteres ist bei einem Schiff einfach zu erraten, bei der Holzart war Eiche der übliche Werkstoff dieser Zeit. Bei der San Ildefonso ging man, meinen Recherchen zur Folge aber anders vor, man setzte auf Nadelhölzer und da wäre meine erste Wahl Lärche. Viele Schiffe der spanischen Armada wurden mit der spanischen Tanne gebaut, also denke ich dass dieses eigentlich sehr weiche und weiße Holz genutzt wurde. Lärche und Tanne sehen gealtert etwas anders aus, daher ist das schon wichtig um authentisch zu sein. Ich fürchte ich werde die Holzarten testen müssen und dann daraus eigene Leisten machen. Das ist in meiner Werkstatt auch weiter kein Thema und schnell erledigt.
Dazu habe ich mir Fotos im Netz angesehen, die Oberdecks zeigen, wie auch Bereiche oberhalb und zum Teil unterhalb der Wasserlinie. Wie man Holz künstlich altert weiß ich, das habe ich oft genug angewendet, die Frage ist nur wie alt soll alt werden? Ich tendiere dazu eine mäßige Alterung darzustellen, also leicht gräuliches Oberdeck, unter Umständen leicht gekalkt. Ich würde das Holz dort entsprechend bearbeiten wie es bezüglich der Sonneneinstrahlung verändert wurde. Am Rumpf leichte übliche Spuren, also so dass es nicht wie gerade geschlüpft aussieht, denn diesen makellosen Zustand hatte das Schiff vermutlich nicht mal als es in Dienst gestellt wurde. Zu gebraucht möchte ich es auch nicht kaputt tunen. Im weitesten Sinne gehört das zur Frage der Bauzeit, denn das möchte ich nicht erst am fertigen Modell testen, sondern entsprechende Probebauten vornehmen.

auch etwas mehr Realität möchte den Decks in der Art geben, die Decks nicht flach wie eine Fliese zu bauen sondern sie an die Seiten hin abzuflachen, also in der Mitte mit 4mm beginnen und auf gut 1 mm an den Rändern reduzieren.  

Wie denkt ihr darüber, wieviel Realität verlangt so ein Modell? Oder anders gefragt, wieviel verträgt es?

Meine Überlegung dazu: Nur weil OcCre einen Bauplan schreibt baue ich keinen Bauplan, sondern ein Schiff nach.

Edited by milestone
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Hallo Thomas,

Altern ist generell ein Thema mit vielen Meinungen, dem Einen gefällt es, dem Anderen nicht. Wie weit du gehst, hängt also von deinen Vorstellungen ab.

Bei allen Vorbildern, und je älter das Original, desto schwieriger, ist die Farbgestaltung ein heikles Thema. Verbindliche Unterlagen dazu gibt es selten, Gemälde haben  immer auch künstlerische Freiheiten des Malers eingebaut. Aber dieser Nachteil ist natürlich auch dein Vorteil: Egal, welchen Level du auswählst, es wird dir kaum jemand das Gegenteil beweisen können. Bei der Farbgebung könntest du dich einfach an den damals verfügbaren Materialien orientieren, Blau z. B. wurde aus Lapislazuli hergestellt, war entsprechend teuer und daher sicher, wenn überhaupt, nur in kleinen Bereichen auf dem Schiff zu finden (bei Gemälden nicht notwendigerweise). Vor der Einführung der Kupferplatten dürfte so ein Schiff unterhalb der Wasserlinie mehr oder weniger schwarz gewesen sein, wenn Teer oder ähnliche Materialen zur Abdichtung verwendet wurden.

Schiffe haben immer Nutzungserscheinungen, aber nach einem alten Spruch gibt es nur eine Art von sauberen Schiffen: Kriegsschiffe. Warum? Nun, da sind eine Menge Leute auf kleinem Raum zusammengepfercht, die die Offiziere irgendwie beschäfitgen müssen, sonst gerät  das außer Rand und Band. Und die eigentliche Bestimmung eines solchen Schiffs, der Kampf, nimmt neben allem anderen nur den kleinsten Teil der Zeit ein.

Von diesen generellen Anmerkungen abgesehen: Ja, ein Deck ist immer in Längs- und Querrichtung gewölbt, nennt sich Deckssprung und Balkenbucht. Und Deckwaschen gehörte zur täglichen Aufgabe der Mannschaft; Holz muss feucht gehalten werden, sonst bekommt es durch Schrumpfung zu große Abstände zwischen den Planken, die nicht mehr durch die Kalfaterung ausgeglichen werden können. Und dann wird das Deck undicht. Also ist der Zustand eher makellos, es sei denn, du stellst das Modell als Hulk in einem mehr oder weniger abgewrackten Zustand dar.

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vor 12 Minuten schrieb JL:

Hallo Thomas,

Altern ist generell ein Thema mit vielen Meinungen, dem Einen gefällt es, dem Anderen nicht. Wie weit du gehst, hängt also von deinen Vorstellungen ab.

….
Also ist der Zustand eher makellos, es sei denn, du stellst das Modell als Hulk in einem mehr oder weniger abgewrackten Zustand dar.

Ich gebe Dir in allem Recht und die vielen genannten Details sind hilfreich.
Es soll, so mein Plan so aussehen als würde das Schiff ein paar Monate auf See sein, die Anpassungen werden daher moderat und nicht so als wäre das Schiff nach einer Schlacht beinahe am absaufen. Das Oberdeck spielt hier bei dem Modell mMn die größte Rolle, denn je intensiver hier gegraut wird, desto älter muss ich das Schiff insgesamt gestalten und umso aufwändiger wird das dann. 
 

Nachbauten von Schiffen oder auch Schulschiffe die man besichtigen kann waren nie im Krieg aber man kann sich doch einiges davon abschauen. So könnte ich mir ein Modell schon realitätsnah vorstellen.

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vor einer Stunde schrieb milestone:

daher moderat

ja, sehr moderat. 

Man darf wohl davon ausgehen, das diese Schiffe extremst gut gepflegt wurden. So ein Linienschiff war eine gewaltige Investition und die hat man sicher nicht vergammeln lassen. Den Bildern nach die ich auf die Schnelle gefunden habe, war der Rumpf eh komplett gestrichen. Die Farbe wurde oder musste sogar alle Nasen lang erneuert werden. Von daher kann wohl davon ausgehen, das diese Schiffe immer in einem mehr oder weniger tadellosem Zustand gehalten wurden. An "Manpower" hat es auf diesem Schiffen ja auch nicht gefehlt.

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Ich habe zu diesem Schiff auch Bilder und Zeichnungen gefunden, wobei für mich in erster Linie die Farbgebung des Rumpfes interessant ist. Eigentlich habe ich kein Bild entdeckt, dass am Rumpf irgendwo etwas weiß gewesen wäre. Eine historische, kolorierte Zeichnung zeigt das Schiff eher farblos bis dunkel. Gestrichen war der Rumpf sicher, allein schon damit das Holz geschützt ist, ob es jedoch weiß war wie OcCre das vorgibt, wage ich ernsthaft zu bezweifeln. Auf der historischen Grafik sieht man im Hintergund ein Schiff mit offenbar weißem Rumpf, die fast zerstörte Kriegstrophäe San Ildefonso zeigt das nicht. Eine Ecke könnte das andeuten aber das ist mir zu wenig und zu unsicher. Wäre es weiß müsste das gerade auf der Grafik zu sehen sein, denn da werden gebrochene Masten dargestellt, was weniger Gewicht bedeutet. Dann wäre der Tiefgang anders und das Wasser würde mehr Rumpf und damit mehr weiß zeigen. Nichts davon ist zu sehen.
Es gibt ein Modell des Schiffs dass 1858 gebaut wurde und da ist der Rumpf schwarz mit gelben Planken auf Höhe der Kanonendecks. Ein anderes Modell, ebenfalls alt aber nicht aus der Zeit, zeigt ein unbemaltes Schiff, denke aber nicht, dass es so authentisch ist. Ob das Modell von 1858 farblich stimmt oder ob die Farbgebung in englischen Diensten geändert wurde, kann niemand beantworten. Soweit stimmt es also, dass die Farbgebung einen guten Interpretationsspielraum gibt.

edit: Wie heisst es doch: Der größte Feind des Historikers ist der Zeitzeuge.

 

Bei mir wird das Schiff vorwiegend schwarz/gelb mit wenig blau am hinteren Aufbau (Achterdeck? das Vokabular habe ich noch nicht so drauf) das kommt dem Original wohl am Nächsten. Etwas rot innen an den Pfortenklappen, sonst naturbelassen. 
 

Es macht schon Spaß sich mit diesen Dingen auch im Detail zu beschäftigen und nicht blindlings einer Herstellervorgabe zu folgen, nur um keinen (Mehr)Aufwand zu haben. Das hat natürlich Grenzen, ich würde für so ein Modell nicht extra nach Spanien fliegen um Nachforschungen in irgendwelchen maritimen Bibliotheken zu machen - aber wenn man im Netz was findet kann man das wenigstens heranziehen. 
Dann muss man es nur noch umsetzen können, das wird spannend.

Edited by milestone
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Das Unterwasserschiff müsste eher schwarz sein. 

Hintergrund: Die spanischen Schiffe waren ja nahezu zwangsläufig in südlichen Gefilden wie Südamerika und Karibik unterwegs. Man versuchte die Rümpfe gegen den Schiffsbohrwurm  resistenter zu machen und dafür hat man eine teerartige Paste verwendet oder den Rumpf mit Kupferplatten belegt die auch sehr schnell dunkel wurden. Die weiße Farbe halte ich somit auch eher für unwahrscheinlich, sieht auf dem Kartonbild eben gut aus.

Ebenso verhält es sich mit den Geschützen und sonstigen Beschlägen aus Messing. So nett gülden waren die Kanonen sicher nicht einmal im Neuzustand. Das bekommt man aber mit Brünierung schnell geregelt. Die goldenen Kanonen und Messing Beschläge sehen eben auch gut aus, mit der Realität dürfte das aber nichts zu tun haben. 

Um ehrlich zu sein schlagen da 2 Herzen in meiner Brust. Auf der einen Seite rein der optische Effekt, auf der anderen das Modell realistischer zu bauen. Beides hat seine Berechtigung, man muss sich entscheiden. Heute tendiere ich eher zur zweiten Version. Ein bisschen Gold bei Bug und Heckzier aber ansonsten waren höchstens noch die Knöpfe der Uniformen der Offiziere golden. 

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Noch ein zeitrelevantes Thema ist es, wenn man den Bauplan bzw. die Ausführung ändern möchte.

Das unterste Geschützdeck hat kein Innenleben, also werden da die Kanonenrohre einfach ins Holz verleimt, das kennt ja jeder. Die nächste Reihe hat aber ein ausgearbeitetes Deck und ich würde das dort gerne so bauen, dass die Kanonen (alle, statt nur 4 pro Seite) tatsächlich aufgestellt werden. Entsprechende Kanonen sind auf dem Weg und die baue ich dann einfach so ein wie die 8 ohnehin im Plan befindlichen auf dem Deck auch. 

Baut man das streng nach Bauplan würden in der Reihe, die ich anders bauen möchte, keine Pforten gebaut, sondern nur Rahmen. Sollte ich das so lassen oder ebenfalls Pforten einbauen? 

Ich vermute das ist Geschmacksache? Wenn ich mir andere Schiffe (zB auf Skizzen; Planrisse oder Bildern) der spanischen Flotte des 18. Jhdt ansehe, sind bei der Santa Ana oder Santisima Trinidad oder Allgemein bei der Rayo-Klasse sehr wohl Pforten eingezeichnet. Ich würde dort nun auch im Modell Pforten einbauen, es sei denn es sprechen sinnvolle Gründe dagegen?

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Moin,

Geschützpforten auf oder zu? :nixweiss39: Wenn das Schiff klar zum Gefecht war und man klar zum feuern war, dann waren die Pforten meist alle offen. Oder irre ich mich da? 

Aber im Modell alle zu, oder alle auf? Das ist sehr schwierig zu entscheiden. Irgendwo sind immer Kompromisse, oder? 

Viel Spaß bei der Entscheidung! Es macht mir auf jeden Fall Spaß ab und zu hier vorbei zu schauen.

Viele Grüße

Andreas

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vor 3 Stunden schrieb milestone:

es sei denn es sprechen sinnvolle Gründe dagegen?

Ganz im Gegenteil. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit waren auch im oberen Deck Stückpforten eingebaut. Ich kenne das nicht anders. 

Pforten geschlossen oder offen ist jetzt eine Glaubensfrage. Natürlich waren die fast immer zu, lediglich im Gefecht wurden die geöffnet und dann fast auch immer nur auf einer Seite. Aber gut, so ein Schiff lebt nun mal  auch von seinen Kanonen, also würde ich die auch zeigen. Dann aber bitte auch unter Segeln und nicht mit herabgelassener Takelage im Ruhe/Hafenposition. 

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Das Schiff hat drei Decks und auf allen sind Geschütze vorhanden.

Am Oberdeck gibt es keine Pforten, das sind die üblichen Schießstände.
Das Deck darunter ist ausgebaut, hat also einen Boden, der „bespielt“ werden kann. Vom Oberdeck kann man auf dieses 2. Deck zum Teil runterschauen und dort   sind laut Plan keine Pforten vorgesehen. Der Optik wegen (und wegen der historischen Indizien) würde dort aber sehr wohl welche passen. Ich würde die Pforten alle offen lassen. 
 

Edit: San Felipe, Danke. Das mit den Segeln hatte ich dabei noch gar nicht bedacht. Du hast völlig Recht, die Segel gehören dann gesetzt.

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vor 17 Stunden schrieb milestone:

Das mit den Segeln

Bis dahin ist es zwar noch eine ganze Weile hin aber bitte dann auch nicht einfach irgendwelche Taue nutzen. 

Es ist zu unterscheiden in stehendes und laufendes Gut. Stehend ist alles was nicht mehr bewegt wird, z.B. die Wanten, die Verspannung der Masten aber auch die Befestigungen der Blöcke oder sonstiger Beschläge. Diese Taue wurden in aller Regel mit z.B. Pech "konserviert" und waren somit tief dunkel, fast schwarz. 

Zu den Stückpforten. Auf einigen Bildern zu deinem Modell habe ich gesehen das diese geöffnet am Rumpf angelegt sind, also 180* Winkel. Das ist definitiv falsch. Bewegt wurden die "Klappen" (mehr ist es ja nicht) schlicht durch ein Tau  was durch ein Loch oberhalb des Rahmens nach innen geführt wurde. Die Klappen wurden dann bei einem Winkel von Pi mal Daumen 45* fixiert. Löste man das Tau, fielen die dann einfach zu. Das ist eines der vielen Details die unglaublich Zeit fressen da man sehr viele Stückpforten bauen muss. Theoretisch müsste man sogar noch Scharniere anbauen, die sieht man bei geöffneten Pforten aber eh nicht mehr.  

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