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Narrow Boat "Marquis"


Boater

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Es ist mehr als 30 Jahre her, also weiß ich heute nicht mehr, wie es damals war. Hatte ich zuerst die Idee, ein ferngesteuertes Modellboot zu bauen, und entdeckte die Gattung Narrow Boat und das konkrete Vorbild Marquis; oder stolperte ich über das Vorbild und bekam die Idee, daraus ein Modellboot zu machen?

 

Wie auch immer, die Marquis eignet sich hervorragend als Vorbild für ein erstes R/C   Modell, zumal ich alles vom Entwurf bis zum Stapellauf selber machen wollte. Denn die Formgebung eines Narrow-Boat-Rumpfes ist einmalig einfach und nachvollziehbar. Speziell die Marquis schien mir geeignet, weil sie als Frachter reichlich Platz für Batterien etc. bot, und als Dampfer hatte sie einen längeren Maschinenraum, als die späteren Motorfrachter, also genügend Raum für Motor und Servos. Hinzu kommt, dass die Abmessungen im Maßstab 1:25 ein handliches Modell mit einer Länge von 860mm und einer Breite von 91mm ergeben. Da es sich um ein englisches Vorbild handelt, ist dieser Maßstab an sich sehr praktisch, denn man kann die Längenangaben vom Original aufs Modell ohne Rechnerei übertragen, indem man einfach „Zoll“ in „Millimeter“ umbenennt. 

 

Aber kurz zum Vorbild, welches auf deutschen Gewässern eher unbekannt sein dürfte:

Ein sogenanntes „Narrow Boat“ ist nicht irgendein Boot von geringer Breite sondern ein wohldefinierter Bootstyp, und zwar einer, der die Standardabmessungen der englischen Kanalschleusen voll ausnützt. Dieser Standard wurde schon im 18. Jahrhundert festgelegt, als die industrielle Revolution die Massenbewegung von Rohstoffen und Fabrikgüter verlangte. Die Straßen stammten damals noch aus der Römerzeit bzw. waren unbefestigt; Eisenbahnen gab es nicht; Flüsse führten nicht immer dahin wo man hinwollte; also bekam England ein Kanalnetzwerk, wo ein Pferd eine Bootsladung von etwa 25 Tonnen treideln konnte, was auf der Straße mehrere Wagen jeweils mit 4er- oder 6er-Gespann gebraucht hätte. Für die ersten Pferdeboote reichte eine Schleuse 21 m lang und 2,20m breit, und die späteren Dampf- und Dieselboote durften nicht größer sein.

Eine gute historische Zusammenfassung gibt’s bei Wikipedia.

 

Als Initialzündung zum Bau meines Modells darf die Abbildung aus dem Buch Britain’s Canal & River Craft von E. Paget-Tomlinson genannt werden (siehe Anhang).

Damit ist alles gesagt – bis auf die Abmessungen und die Farbgebung. Erstere waren leicht zu ermitteln, denn alle Narrow Boats wurden gebaut, um die volle Länge, Breite und Tiefe der Standardschleusen auszunützen, und die Höhe der Aufbauten richtete sich nach den Brücken und Tunnels. Zu der Farbgebung fand ich das Bild eines Schwesterschiffes in einem Kindersachbuch The Story of Our Canals (Sieh Anhang FMCRedYellow). 

Jetzt mussten nur noch genaue Baupläne her. Biese entstanden unter Verwendung der Standardabmessungen für Narrow Boats auf Blätter einer ausgedienten Schreibtischunterlage mit Millimetereinteilung (siehe Anhang MarquisPlans).

Es versteht sich, dass Motor und Servos zu diesem Zeitpunkt schon beschafft worden waren, damit sie im Bauplan berücksichtigt werden konnten. Anzahl, Größe und Art der Batteriehalter waren noch offen, aber im Laderaum würde sich schon Platz genug für sie und für den RX finden lassen!

 

Der Bau konnte beginnen!

Fortsetzung folgt!

Cheers,

John

Britains Canal abnd River Craft.jpg

FMCredyellow.jpeg

MarquisPlans.jpg

Edited by Boater
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  • 2 weeks later...

Marquis Teil 2: Werkstoffe

Der Bauplan hat keine großen Probleme dargestellt. Jetzt ging es an die Realisierung. Der Plan zeigt, dass alle Flächen entweder plan oder zylindrisch sind, also wäre es technisch möglich gewesen, die composite Bauweise (Seiten aus Eisenplatten, Boden aus Holzbrettern) nachzubauen. Allerdings machte ich mir Sorgen um die wasserdichte Verbindung am Kimm zwischen Blech und Holz, also entschloss ich mich recht schnell, das Modell ganz in Sperrholz zu bauen.

Drei Stärken an Sperrholz kamen zur Verwendung:

·         4mm für das „Spantengerüst“

·         1.5mm für die Außenhaut von Rumpf und Aufbau

·         3mm für das Dach des Aufbaus und für die obere Planke der Laderaumabdeckung

Insgesamt bestand der Rumpf aus nur wenigen Teile. Wie der Plan schon zeigt, gibt es eine obere 4mm Sperrholzplatte, die die Länge, Breite und Umriss des Rumpfes bestimmt, und aus der die Kajüte, der Maschinenraum und der Laderaum ausgespart sind. Stehen bleiben das Vor- und das Achterdeck sowie die oberen Stringer und die Decksbalken. Eine untere 4mm Platte wird entsprechend ausgesägt und ausgespart, um die unteren Stringer und die Bodenwrangen zu ergeben. Im Heckbereich gibt es ein Sandwich aus zwei 4mm Platten, deren Teile die Form des oberen bzw. unteren Rumpfes darstellen.

Ein paar Schotten, ein Vorsteven und ein Achtersteven aus 4mm Sperrholz wurden zwischen der oberen und der unteren Platte eingepasst. Die beiden hinteren Schotten erhielten Löcher, und der Achtersteven eine Aussparung, für das Stevenrohr der Schraube. Das Ergebnis: ein sehr steifes Gerüst für die Außenhaut.

So eine integrierte Baugruppe aus Decks, Stringer und Querbalken ist natürlich sehr stabil und leicht zu verbauen. Man muss nur die Aussparungen sauber aussägen. Dazu eignet sich am besten eine Laubsäge. Aber jetzt kommt das Problem: wie führt man Sägeschnitte aus, die Parallel zur Kante des Bauteils verlaufen – wenn das Bauteil etwa 80 cm lang, der Bogen von der Laubsäge aber nur knapp 30cm lang ist?

Ich habe es zunächst mit einem speziellen Laubsägeblatt probiert, das in sich verdreht ist und deshalb Zähne in allen Richtungen hat. Theoretisch müsste man damit seitwärts sägen können, und die Länge des Werkstücks wäre egal. Aber es stellte sich als unmöglich aus, mit diesem Blatt einen sauberen, geraden Schnitt hinzukriegen. Also kaufte ich eine billige Laubsäge und verbog die Blattaufnahmen so:

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Die Außenhaut aus 1.5mm-Sperrholz war relativ leicht anzubringen. Lediglich am Bug und am oberen Heck mussten die Platten – entlang der äußeren Maserung – stärker gekrümmt werden. Dazu legte ich sie eine Weile in heißes Wasser und spannte sie anschließend mit Bindfaden in die richtige Form.

So weit, so Sperrholz! Bei den Details musste ich auf andere Werkstoffe zurückgreifen.

Zunächst wäre Weißblech zu nennen.
Dieses gewann ich aus alten Konservendosen. Es lässt sich gut schneiden, biegen und löten, und man kann durch Schläge von hinten mit einem Hammer und einem stumpfen Nagel hervorragend Nietenköpfe nachbilden! Daraus machte ich den Schornstein (eine Reihe Nietenimitate anbringen, dann um einen Holzstab biegen und verlöten) und das Schutzblech um den Schornstein (rechteckig ausgeschnitten, imitierte Nieten rundum, dann den Schornstein aufgelötet).  Auch die Deckel der Kohleluken – worunter ich die Hauptschalter für R/C und Elektrik versteckte – bestanden aus Blech, ebenso der quadratische Lüfter hinter dem Schornstein. Ferner entstanden zwei Scharnierattrappen am Lukendeckel des Vordecks aus aufgenagelten Blechstreifen.FunnelAssemblyCut.jpg.2750f2c5d0aff2e8924b1d4350ab333e.jpg

Ein weiterer, wichtiger Werkstoff war 1mm-Kupferdraht.
Dieser fand überall Verwendung, überwiegend in Form von kleinen Ösen. Diese reihten sich backbord und steuerbord vom Laderaum, um die Seile eines gedachten oberen Persennings aufzunehmen, aber sie befanden sich auch an Bug und Heck, um die jeweiligen Fender zu befestigen. Ferner dienten zwei Ösen und ein angelöteter Stift aus Kupferdraht als Scharniere für die Kohledeckel (mit kleinen Messingnägel als Griffe), und auch die Scharniere der Tür zur Kajüte wurden aus Kupferdraht gefertigt.BowView.jpg.489f1da9e777a9330149606fa882dec0.jpgSternNoConc.jpg.dbaafc322479e91957b9557f25dae517.jpg

Relativ wenig Gebrauch wurde gemacht von Messingrohr, aber zwei wichtige Bauteile bestehen aus diesem Werkstoff:

·         die Ruderschacht. Loch durch obere und mittlere 4mm-Sperrholzschichten gebohrt; Rohr eingeklebt; fertig!

·         der Ölstutzen für die Schmierung der Propellerwelle.  Dieser wurde in ein Loch im Stevenrohr eingelötet, und zwar an einer Stelle, die durch die Eingangsstufen der Kajüte kaschiert wird.

Ansonsten wurden der Dampfabblasrohr und die Pfeife (beides Attrappen) aus Messingrohr montiert und auf das Blech neben dem Schornstein gelötet.

Nicht vergessen darf ich das Material für die Persennings. Für mein Empfinden bot blassgrüner Taft die beste Möglichkeit, die Originalplanen darzustellen. Um eine hässliche, nicht maßstabgerechte Naht zu vermeiden, nahm ich die Webkante des Stoffes als Oberkante.

Das Boot näherte sich der Vollendung!

Fortsetzung Folgt!

Cheers
John

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